Lauterwasser Fotografie & Papeterie

Siegfried Lauterwasser

Siegfried Lauterwasser

16.04.1913

Geboren in Überlingen am Bodensee
Vater: Alexander Lauterwasser, Fotograf (1878-1933) Mutter: Clara Lauterwasser, geb. Horle (1884-1967)
Großvater: Alexander Lauterwasser (1846-1923), Fotograf seit 1867 in Überlingen

1925 

1. Preisträger Jugendfotowettbewerb Wasseraufnahme mit Box-Kamera 1. Preis = eine Box-Kamera

1928 – 1929

Lehre beim Vater

1929 – 1931

Lehrabschluss bei Onkel Eugen Lauterwasser in Frankfurt am Main, Portraitfotograf und u.a. Sänger der Frankfurter Oper. Als dessen Assistent jede Woche ein Besuch der Oper

1933 

Tod des Vaters, Weiterführung des elterlichen Fotogeschäftes in Überlingen zusammen mit der Mutter

1934 

Gemeinsame Reise mit dem Freund Werner Gürtner auf dem Motorrad nach Italien bis nach Pompeji

1934 

Begegnung mit Dr. Paul Wolf, dem Meister der Leicafotografie

1935 

Erste Bilder-Veröffentlichungen im repräsentativen Jahrbuch der Fotografie „Das deutsche Lichtbild“. Erste Begegnung mit Wieland und Wolfgang Wagner in Nussdorf am Bodensee

1936 

Erster Großauftrag eines Landkreises für eine Ausstellung und Großfotoreportagen über Industrie, Handel, Handwerk, Landwirtschaft und Landschaft

1936 

Erste Ausstellung von Fotografien zusammen mit Plastiken seines Freundes und Bildhauers Werner Gürtner im Atelier des Fotogeschäftes

1937

Meisterprüfung mit Portraitfotos

1937

Erster Besuch in Bayreuth: „Der Ring des Nibelungen“

1939 – 1945

vom 28.08.1939 bis Kriegsende Soldat (kurze Zeit Flak, dann Bildstelle der Luftwaffe)

1945 

Heimkehr, Weiterführung des Fotogeschäftes, alle Kameras mit Ausnahme der alten 13×18 Holzkamera waren beschlagnahmt worden

1948 – 1949

mit Hilfe dieser Glasplatten-Kamera Aufnahmen für Buchpublikationen am Bodensee (z.B. „Madonnen am Bodensee“), Teilnahme an einer Ausstellung in Stuttgart

1950

Heirat mit Christa Lauterwasser (geb. Lindner)

1950 

Beitritt zur Gruppe „fotoform“

1951 

Ausstellungen der Gruppe „fotoform“ auf der Photokina, Köln

1951 

Geburt des Sohnes Alexander

1952 

Einladung der Brüder Wagner bei den Festspielen in Bayreuth zu fotografieren

1953 – 1987 

Fotograf der Bayreuther Festspiele

1953 

Erste Begegnung mit Herbert v. Karajan in Bayreuth und erste Aufnahmen von ihm

1953 

Geburt der Tochter Katharina

1955 

Bildbände Bodensee / Landschaften / Städte usw. anschließend Aufträge für Fremdenverkehrswerbung

1961 

Einladung zu einer Nordland-Reise nach Spitzbergen mit Auftrag zur Foto – und Filmdokumentation

1962

Auftrag von Herbert von Karajan, die „Fidelio Inszenierung“ in Wien zu fotografieren

1963 

Auftrag für die „Tannhäuser-Inszenierung“, Wien

1963 

Erster Auftrag der Deutschen Grammophon Gesellschaft, Hamburg für Fotos von Herbert von Karajan in Salzburg (BH Beethoven) und mit S. Richter in Wien

1965 

Einladung zu einer Ostafrika-Reise mit Auftrag zur Foto- und Filmdokumentation

1967 – 1988

Exklusiv-Fotograf, der 1967 beginnenden Osterfestpiele in Salzburg, im Auftrag von Herbert von Karajan1968 berufenes Mitglied der „Deutschen Gesellschaft für Photographie“

bis 1987

ca. 350 Schallplattentitel-Fotos und CD-Covers für DGG, Polydor, International, Decca, EMI, Phillips, Universal und Sony

1987 

Goldener Meisterbrief

1990 

„Das Auge der Musik”, der WDR dreht eine Film-Dokumentation für „Arte“

1999 

Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie als Mitglied der Gruppe „fotoform“

7.9.2000

verstorben in Überlingen am Bodensee

Zum seinem 100. Geburtstag  erschien ein Buch. „Augen-Blicke“ –  Das gesamte fotografische Lebenswerk

Augenblicke

Siegfried Lauterwasser

Lebensweg

Aus einem alten Familienbuch ist zu erfahren, dass die Lauterwassers ursprünglich aus der Gegend zwischen Freiburg und Karlsruhe stammten – und dass der Küfermeister und Wirt Alexander Lauterwasser als Sympathisant oder gar aktiv Beteiligter an der Revolution von 1848 nach deren Scheitern mit der gesamten Familie über den Schwarzwald an den Bodensee fliehen musste. In Überlingen am See angekommen, wurde er dort Wirt des Gasthauses „Rose“.

Dessen Sohn wiederum – Alexander L. (1846 – 1923) – eröffnete schließlich 1867, 28 Jahre nach der Erfindung der Fotografie in Paris und England (1839), in Überlingen das erste Fotoatelier; ein Selbstportrait aus dieser Zeit zeigt ihn als selbstbewussten jungen Existenzgründer auf dem Sofa seines Studios. Neben zahlreichen Portraits und Familienfotos dokumentierte er vor allem zeitgeschichtliche Ereignisse, Brauchtum und viele Landschafts- und Stadtansichten rund um Überlingen.

Sein Sohn – Alexander jun. ( 1878 – 1933) – trat in die Fußstapfen seines Vaters und setzte die Tradition fort. Im April 1913 schließlich wurde dessen Sohn Siegfried geboren, der schon im Alter von 12 Jahren mit einer Box-Kamera und seinen Wasser-Aufnahmen den 1. Preis eines Foto-Wettbewerbs gewann. 

Der junge Siegfried Lauterwasser

Auch wenn er zunächst bei seinem Vater in die Lehre ging und diese dann bei seinem Onkel in Frankfurt abschloss, so hatte er doch eigentlich lieber filmen und Kameramann werden wollen. Als jedoch 1933/34 sein Vater frühzeitig starb, musste er – um den weiteren Unterhalt der Familie (Mutter und zwei Geschwister) zu gewährleisten – diese Pläne aufgeben und übernahm das elterliche Geschäft. 

Neben diesen, dem Lebensunterhalt dienenden Tätigkeiten, suchte und fand er schon früh seine eigene Sehweise und entwickelte auch einen Sinn für eine besondere Motivik seiner Aufnahmen. In diesen Jahren bis zum Beginn des Krieges legte er mit Portraitfotos seine Meisterprüfung ab (1937), unternahm zusammen mit seinem Bildhauer-Freund Werner Gürtner eine Italienreise auf dem Motorrad, und die beiden hatten eine gemeinsame erste Ausstellung mit Fotos und Plastiken in Überlingen. Außerdem lernte er in dieser Zeit auch die beiden Wagner-Brüder Wieland und Wolfgang kennen, die in Nussdorf am Bodensee ein Ferienhaus besaßen; daraus entstand eine langjährige Freundschaft, die ihn nach dem Krieg dann auch als Festspielfotograf nach Bayreuth und schließlich von dort in die große Welt der Musikfotografie führte.

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Nachdem er während des Krieges 6 Jahre lang in der Bildstelle der Luftwaffe als Fotograf tätig gewesen war, fand er bei seiner Heimkehr nach Überlingen nur noch eine alte 13x18cm Holzkamera mit einigen Restbeständen an Glasplatten vor; alle anderen neueren Kameras, wie z.B. seine Leicas usw. waren beschlagnahmt worden.

Mit dieser Ausrüstung begann er daraufhin in den Nachkriegsjahren sehr anspruchsvolle und aufwendige Fotoserien wichtiger Kunstschätze der Gegend zu machen, wie den Figuren des Überlinger Hochaltars von Jörg Zürn, des Überlinger Rathaus-Saales von Jacob Russ, des Heiligen Grabes in Konstanz und vieler Kirchen und Madonnen des Bodenseeraumes. Zusammen mit dem Kunsthistoriker Georg Poensgen erschienen in dieser Zeit im Werner-Wulff-Verlag die ersten Bücher mit seinen Schwarz-Weiß-Fotos; in den 50-er Jahren folgten dann im Jan Thorbecke Verlag weitere Bildbände zu Themen wie Kunst, Bodenseelandschaft, Städtebilder und der schwäbisch-alemannischen Fasnacht – jetzt aber wieder inzwischen ausgerüstet mit dem Besten, was die Kameratechnik bis dahin entwickelt hatte: Rolleiflex, Leica und Hasselblad – und zunehmend auch mit Farbfilmen.

Von vielen Reisen rund um den Bodensee, vor allem aber durch den Schwarzwald, – später dann auch nach Italien, Spitzbergen und Ostafrika – brachte er zahllose Bildmotive zurück, die er angefangen bei der Filmentwicklung, dem Belichten und Vergrößern in der eigenen Dunkelkammer, der anschließenden Trocknung in der Presse bis hin zur Retusche mit dem feinen Pinsel, alle ausnahmslos eigenhändig und immer unter dem eigenen kritischen Blick zu dem machte, was sie eben waren: ein „echter Lauterwasser“, wie er manchmal meinte – und das ging so bis fast ganz zum Ende seines Lebens.

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Er war auch ein leidenschaftlicher Segler, und so gibt es ein großes Archiv mit Segelfotos verschiedenster Bootsklassen, vieler Regatten und Stimmungsbilder, die in seinem letzten Lebensjahr noch in dem schönen Bildband „Segeln am Bodensee“ ihre Würdigung fanden. Als ebenso am kommunalpolitischen Geschehen seiner Heimatstadt engagiert Interessierter dokumentierte er umfangreich und sehr detailliert das ganze Zeitgeschehen und alle städtebaulichen Veränderungen. Er war auch Mitbegründer einer der ersten Bürgerbewegungen, als es um grundlegende Entscheidungen für Trassenfestlegungen neuer Strassen und den damit verbundenen Schutz der Bodenseelandschaft ging.

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Vor allem aber war er auch mit Leib und Seele ein Fasnets-Narr durch und durch – keinen Umzug gab es jahrzehntelang, bei dem er nicht in originellen Verkleidungen mitsamt der ganzen Familie mitgemacht hätte.Kein Narrenkonzert gab es, an dem er nicht in verschiedensten Rollen und unvergesslichen Charakteren mitgespielt hätte,  so dass es nicht verwundert, dass nicht nur das ganze Narrentreiben Überlingens, sondern auch das zwischen Bodensee und Offenburg, besonders aber der Zünfte des so genannten „Viererbundes“ (Rottweil, Elzach und Obersdorf, Überlingen) einen breiten Raum im Fotoarchiv einnehmen.

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Als schließlich  1963 der Bodensee zugefroren war, nutzte er diese einzigartige Gelegenheit und brachte es fertig, am Fastnachtssonntag nach dem Umzug eine große Schar Überlinger Hänsele auf das Eis vor die Kulisse der Stadt zu bringen und dort einen der schönsten Augenblicke der Überlinger Fasnet im Bild festzuhalten.

fotoform

Neben allen diesen, die Welt eher in gewohnter Perspektive festhaltenden und zeigenden Fotografien, die jahrzehntelang in vielen Kalendern, Zeitschriften und Büchern erschienen, gab es aber auch noch eine ganz andere Art von Motiven, denen sein ganz besonderes Augenmerk galt, und für die er schon sehr früh seinen Blick geschärft hatte. Das sind jene Licht-Bilder, die weniger sozusagen objektiv Ansichten der Außenwelt dokumentarisch ablichten wollten, sondern die – gerade durch die individuelle subjektive Sichtweise hindurch – ungewohnte und vielleicht eher verborgen bleibende Aspekte der Welt dem Betrachter nahezubringen versuchten: wirkliche „Fotografien“ im eigentlichen Sinn des Wortes, Bilder jener Spuren, die das Licht in der Welt hinterlässt …..und die es zwischen Hell und Dunkel wahrzunehmen gilt, so wie sich der tiefere Sinn eines Textes letztlich nur zwischen den Zeilen erschließt.

Aus diesem also eher künstlerisch-fotografischen Impuls heraus schloss er sich schon bald der 1949 gegründeten Gruppe „fotoform“ an, die mit ihrer neuen „subjektiven Fotografie“ –wenn auch von den eher traditionell gesinnten Berufskollegen zunächst beschimpft und abgekanzelt – die deutsche Nachkriegsfotografie nachhaltig bestimmen sollte.

musik

Wie bereits angedeutet, war es die frühe Bekanntschaft mit Wieland Wagner, die ihn schließlich bereits zu Beginn der 50-er Jahre nach Bayreuth und dann in die große Welt der klassischen Musik brachte. So war er 40 Jahre lang der Fotograf der Bayreuther Festspiele. Nachdem ihn die Deutsche Grammophon Gesellschaft 1962 mit Herbert v. Karajan zusammengebracht hatte, wurde er dessen hauptsächlicher Fotograf und exklusiver Festspielfotograf der 1967 von Karajan gegründeten Salzburger Osterfestspiele.

Herbert von Karajan

Sein fachliches Können, die künstlerische Qualität seiner Bilder, vor allem aber seine menschliche Art und Offenheit waren es, die ihm sehr schnell einen unmittelbaren Zugang zu den nicht selten kamerascheuen Künstlerpersönlichkeiten eröffneten. So kam es, dass es kaum einen bedeutenden Musiker der klassischen Musikszene zwischen 1950 und 1990 gab, der nicht von ihm portraitiert und während Proben, Konzerten auf oder hinter der Bühne des Lebens fotografiert worden wäre. Zahllose dieser Meisterfotos dienten als Titel von Schallplatten-Hüllen oder CD-Covers und bebilderten viele Bücher zur Welt der Musik oder bekannter Künstlerbiographien.

In einem Fernsehbeitrag des SWR3 zu seinem 80. Geburtstag sagte er einmal:

„Die besten Bilder, die macht man nicht, man macht sie eigentlich nicht – man sieht sie nur.“

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Obwohl ihn sein Beruf oft zu „fernen Ufern“ führte, Siegfried Lauterwasser ist immer dem nördlichen Ufer des Bodensees und Überlingen, seiner Geburtsstadt, treu geblieben, wo er am 7. September 2000 im Alter von 87 Jahren verstarb.

Dass der Name Lauterwasser auch weiterhin untrennbar mit der Fotografie verbunden bleibt, dafür sorgen seine Tochter Katharina und Enkelin Anna, die das Fotogeschäft weiterführen, ebenso wie sein Sohn Alexander, der nun nicht mehr Musiker fotografiert, sondern in Gestalt seiner Wasser-Klang-Bilder das Wechselspiel von Klang- und Wasserwellen.

Der Jugendtraum des Großvaters, zu filmen und Kameramann zu werden, ist im Enkel Florian zu neuem Leben erwacht und Wirklichkeit geworden…